Berlin war lange Zeit eine geteilte Stadt. Die Spuren der unterschiedlichen Geschichte zeigen sich bis heute im Stadtbild, auch wenn immer mehr historische Landmarken zugebaut und verändert werden. Trotzdem sehen die meisten Berlinerinnen und Berliner selbst im Jahr 2015 einen deutlichen Unterschied zwischen den Stadtteilen im Osten und im Westen. Für Gäste von auswärts ist dieser oft kaum zu erkennen – mit Ausnahmen. Als der Teilzeithund (TZH) sich im Randbereich unseres Kiezes in diesem Brunnen abkühlte, bewunderte ich zunächst das authentische DDR-Panorama. Auch Touristen aus Westdeutschland hätten beim Anblick der Statue vor Plattenbau sicherlich vermutet, dass dieses Ensemble im Osten Berlins zu verorten sei. Dann jedoch beschlich mich das Gefühl, in diesem Bild stimme irgendetwas nicht. Und natürlich: Mit TZH im Vordergrund ließe sich diese Aufnahme kaum als Foto aus DDR-Zeiten verkaufen.
Denn TZH vereint vermutlich drei Hunderassen in sich, Golden Retriever, Labrador und Border Collie. Keine davon gab es in der DDR. Im Internet erfuhr ich, dass in der DDR viele auch in Westdeutschland übliche Hunderassen verbreitet waren, wie beispielsweise Dackel, Schäferhund und Pudel. Aus dem feindlichen kapitalistischen Ausland stammende Golden Retriever dagegen kannte der deutsche Sozialismus nicht. Tatsächlich existierte aber ein eigener „DDR-Hund“, der in den 1970er Jahren aus Russland importierte Bolonka Zwetna, ein kleiner, wuscheliger Schoßhund, der im Westen unbekannt war.
Während meiner Recherche lag der TZH geduldig unter dem Schreibtisch. Mit Ost-West-Vergleichen kann unsere Hündin nichts anfangen. Sie ist Schleswig-Holstein als Wessi geboren, wuchs aber in Berlin auf. Seit einigen Jahren besitzt sie zwei Adressen in der Hauptstadt, die eine im früheren Westberlin, die andere auf dem Territorium der ehemaligen DDR. Was die Wiedervereinigung betrifft, geht sie mit gutem Beispiel voran. Ob sie im Herzen dagegen Sozialistin oder Kapitalistin ist, frage ich mich seit langem. Auf der einen Seite respektiert sie das Privateigentum anderer Hunde nicht, fällt gnadenlos über deren Futter her und stiehlt ihre Bälle. Das muss jedoch kein Ausdruck sozialistischer Gesinnung sein, sondern kann auch auf eine Affinität zum Raubtierkapitalismus hinweisen… Insgesamt lässt sich ihr Motto mit dem kapitalistischen „Mehr, mehr, mehr“ gut umschreiben. TZH wählt stets den größten Stock, den sie finden kann, und Bälle hat sie nie genug. Aber auch in der DDR hätte sie sich vermutlich ganz zu Hause gefühlt: Äste und zerkaute Gummibälle waren im real existierenden Sozialismus vermutlich niemals Mangelware.